Die Vorgänge in Stammheim und in der Wallfahrtskapelle St. Anna waren entscheidende Wegmarken in der Zeit der «Glaubensspaltung», der sogenannten Reformation. Fast hätte die aufgebrachte Stimmung im Dorf zu einem gewaltsamen militärischen Eingreifen der Innerschweizer Kantone auf Zürcher Gebiet geführt – denn der «Ittinger Sturm» vor 500 Jahren ging wesentlich von Stammheim aus! Peter Kamber untersuchte dieses vergessene Kapitel der Geschichte und wird auch aus einem noch unveröffentlichten Roman über die Tumulte und Aufstände der Reformationszeit vorlesen.
Peter Kamber, geb. 1953 in Zürich, studierte Geschichte und Soziologie. Als freier Autor schrieb er Reportagen und Essays für Zeitungen, Zeitschriften und das Radio. Forschung und Schreiben führten ihn nach Lausanne, Bern, Paris und nach Berlin, wo er heute lebt. Neben Biografien veröffentlichte er auch einen ersten historischen Roman.

Ein Vortrag in Zusammenarbeit mit dem Museum Stammertal.

Ort: Alters- und Pflegezentrum Stammertal
Beginn: 19:30 Uhr
Eintritt: frei

Was geschah 1524?

Der Bildersturm in Ober- und Unterstammheim war das initiale Ereignis im Ittingersturm. Stammheim unterstand dem Hochgericht der Gemeinen Herrschaft Thurgau und dem Niedergericht der Stadt Zürich. Die Zerstörung der Bilder in der Kirche wurde von katholischer Seite als Kirchenschändung eingestuft. Die Bauern, die 90 % der Bevölkerung ausmachten, interpretierten Zwinglis Lehre als Befreiungstheologie mit der Aussicht, der Leibeigenschaft mit all ihren Folgen, Frondiensten und Abgaben zu entgehen. Sie fühlten sich bedroht und gingen Schutzbündnisse ein, Stammheim und Waltalingen suchten die Verbindung zu Nussbaumen TG und Stein am Rhein.

Gegen Stammheim wurden Drohungen ausgestossen, das Dorf werde in Brand gesteckt. Der Prior der nahe gelegenen Kartause Ittingen goss zusätzlich Öl ins Feuer mit der Bemerkung, er würde sich nicht wundern, wenn Gott die Häuser der Aufständischen verbrennen liesse.

Die Tagsatzung unter Ausschluss von Zürich gab dem Landvogt im Thurgau den Befehl, den Pfarrer von Burg bei Stein am Rhein, der als Vorkämpfer der Reformation galt, gefangen zu nehmen. Mit Kirchengeläut wurden die Bauern mobilisiert. Nach erfolgloser Verfolgung des Landvogts mit seinem Gefangenen richtete sich ihre Wut gegen das Kloster Ittingen, wo zunächst die Bilder zerstört, die Bücher verbrannt und das Wasser im Fischteich abgelassen wurde. Schliesslich wurde ein Teil der Kartause in Brand gesetzt. Der Prior und fast alle Mönche verliessen die Kartause, deren Wiederaufbau 30 Jahre in Anspruch nahm.

Die Eidgenossen bestanden auf der Auslieferung der Rädelsführer unter Kriegsandrohung. Die Zürcher gaben unter der Bedingung nach, dass nur der Aufruhr, nicht aber der Bildersturm geahndet werde. Trotz feierlicher Zusage verurteilte ein Gericht in Baden drei angebliche Rädelsführer zum Tode.

Dieser Wortbruch war für Zwingli der Grund, an der Disputation in Baden 1526 nicht teilzunehmen.

(gem. Wikipedia)